INSIDE KAFFEEWERKSTATT KUCHA

UNSERE MISSION UND VISION

Eine Ode an den, nach Roh-Öl, meistgehandelten Rohstoff der Welt und an die Menschen, die hinter den Kulissen arbeiten.
Die Kaffeerösterei im Nürnberger Land mit absoluter Transparenz.

Portrait von Markus Gaibl in der Rösterei von Kaffeewerkstatt kucha

MARKUS GAIBL

Geschäftsführer | Röster

EIN INTERVIEW MIT MARKUS GAIBL

Ich suche nach Kaffees mit einer Geschichte und ich will ganz genau wissen, auf welcher Farm sie angebaut wurden und wer der Farmer ist. Am liebsten hätte ich noch die Geokoordinaten der Farm, damit ich sie mir auch auf Google Maps ansehen kann. Zusätzlich interessiert mich noch: Wann wurde der Kaffee geerntet? Welche Varietäten wurden angebaut? Wie hat der Farmer die Bohnen verarbeitet, wie lange, wie und wo hat er sie getrocknet? Zum Schluss möchte ich auch noch Fotos von der Farm sehen, um einen visuellen Eindruck der Gegebenheiten vor Ort zu bekommen. Meine Kunden sollen meinen Kaffee erleben können.

Einerseits über Locals, also Personen, die vor Ort im Erzeugerland sind und mir Kaffeeproben besorgen können. Aber inzwischen gehen die Kaffeebauern auch immer häufiger selbst auf Röstereien zu, um ihren Kaffee direkt zu verkaufen. Dadurch bekomme ich ebenfalls Kaffeeproben. Als dritte Möglichkeit kaufe ich Kaffees über Importeure – aber nur, wenn sie wirklich transparente Kaffees anbieten und sie mir auch den FOB-Preis sagen können.

 

FOB bedeutet „free on board“. Der Preis zeigt an, wie teuer der exportfähige Kaffee im Ursprungsland ist, wenn er bereit zum Verschiffen ist. Darin sind die Kosten für den Kaffeeanbau, für die Weiterverarbeitung und für die Logistik enthalten. Grundsätzlich unterscheide ich dazu den Farm-Gate-Preis. Das ist der Betrag des Kaffeepreises, der beim Bauern oder bei der Kooperative bleibt.

Das Thema Transparenz ist sehr komplex. Transparenz bedeutet nicht nur, alles über die Farm zu wissen, sondern auch die Kosten, die der Farmer, der Importeur und der Röster haben, offenzulegen. Wie teuer ist der Transport des Kaffees? Was kosten Herstellung, Verarbeitung, Verpacken, Rösten? Durch die Herstellungskosten werden auch die einzelnen Herstellungsschritte erkennbar. So kann der Konsument ein größeres Bewusstsein bekommen, was es bedeutet, Kaffee vom Feld bis in die Tasse zu bringen. Die Konsumenten sollten diese Informationen mal im Bio-Markt oder im Eine-Welt-Laden erfragen, wo es zertifizierte Kaffees für zehn Euro das Kilo zu kaufen gibt.

 

Ich möchte mich so bald wie möglich bei „The Pledge“ anmelden. The Pledge ist eine Selbstverpflichtung für all jene Röster und Importeure, die bereits transparent gehandelte Kaffees im Sortiment haben und bereit sind, weitreichende Informationen über diese Kaffees zu veröffentlichen, um damit ein Zeichen für bessere Handelsbeziehungen zu setzen.

Mein Hauptaugenmerk liegt auf der Transparenz, mit der ich zum Kunde rausgehe. Ich zeige meine Kostenstruktur auf, ich zeige wie ich röste, jeder ist eingeladen, mich in meiner Rösterei zu besuchen. Ich verstecke nichts, ich beantworte jede Frage.

Da ich direkt bei Farmen einkaufe, hat das auch eine Strahlungswirkung auf andere Kaffeebauern in der jeweiligen Region. Sie sehen dann, dass es sich lohnt, Kaffee auf einem höheren Niveau anzubauen und zu verarbeiten. Erst dann bekommen sie auch den Marktzugang zu Spezialitätenröstereien, die einen wesentlich höheren Kaffeepreis bezahlen. Mit schlechter Qualität können die Farmer ihre Kaffees eigentlich nur an eine Kooperative verkaufen und bekommen in der Regel weniger als den Börsenpreis bezahlt, der schon so niedrig ist, dass es sich eigentlich kaum lohnt, Kaffee überhaupt anzubauen. Deswegen bleiben die Mitglieder einer Kooperative immer arm und werden immer von der Kooperative abhängig sein.

Ein weiterer, ganz wichtiger Punkt beim Thema Nachhaltigkeit ist: Man kann nicht nur die besten Bohnen bei der Farm abschöpfen. Was macht der Farmer mit dem Rest? Die Kooperative kauft nicht nur den Ausschuss ab, sondern möchte natürlich die ganze Ernte, also auch die guten Bohnen kaufen. Also müssten wir als Röster auch die qualitativ schlechteren Bohnen abnehmen. Sonst kann der Farmer gar nicht überleben. Es kommen dann zwar keine herausragenden 90+-Kaffees raus, aber immer noch gute bodenständige Kaffees. Nur die besten Rosinen rauspicken ist für mich ein Champagnerleben und das hat nichts mit Nachhaltigkeit zu tun.

Durch Proberöstungen versuche ich das Potential jedes einzelnen Kaffees herauszufinden. Was zeichnet den Kaffee aus? Welche Geschmacksrichtungen sind vorherrschend? Wie kann man sie betonen? Bei welchem Röstgrad ist die höchste Süße vorhanden? Wann ist der Körper am voluminösesten? Man nennt das: Nach Geschmack und nicht nach Farbe rösten. Nach der Proberöstung versuche ich die Ergebnisse am Produktionsröster nachzubilden. Das macht dann das Handwerk aus.

Momentan verkaufe ich sechs sortenreine Kaffees. Dazu kommen noch fünf Blends, also Kaffeemischungen. Meine Auswahl bleibt ziemlich konstant, da ich langfristig mit den Farmern zusammenarbeiten möchte. Ich brauche nicht unbedingt Kaffees aus Burundi oder Uganda, weil sie gerade angesagt sind. Ich gehe lieber langfristige Geschäftsbeziehung mit den Farmern ein, das gibt ihnen Sicherheit. Auch wenn sich das Geschmacksprofil bei der nächste Ernte verändern sollte, bleibe ich den Farmern treu, Kaffee ist eben ein Naturprodukt.

Am Ende ist der Kaffeetrinker selbst für das Getränk in seiner Tasse verantwortlich. Das Hauptproblem ist die Zeit. Die Menschen haben oder nehmen sich keine mehr, um sich guten Kaffee zuzubereiten. Die meisten haben einen Vollautomaten, entweder aus Zeitgründen, oder aus Lifestyle-Gründen, kostet um die 100,- im Discounter. Das hat meiner Meinung nach nichts mit Kaffeequalität zu tun. Ein guter gefilterter Kaffee ist deutlich besser in der Qualität und Verträglichkeit.

Ein guter Kaffee ist gut angebaut, gepflückt, aufbereitet, geröstet, frisch gekauft und gemahlen und gut aufgebrüht. Geschmacklich ist mir vor allem eines wichtig: Er darf nicht bitter sein und die Säure muss eingebunden sein, dass sie nicht so spitz ist, dass sich der Mund zusammenzieht. Ein volles Mundgefühl und ein angenehmer Nachgeschmack müssen vorhanden sein.

 

Der Börsenpreis ist ein Richtwert für Importeure, um Massenkaffee einzukaufen. Weiterhin richten sich lokale Aufkäufer nach diesen spekulativen Werten. Ein Kaffee, der nach dem aktuellen Rohstoffpreis bewertet wurde, konnte meist nicht selbst vom Bauer aufbereitet und sortiert werden und hat daher meist eine schlechte Qualität. Nun kommen wir zum nächsten Problem. Selbst wenn der Farmer seinen Kaffee mühevoll entpulpt und alle Fehler aussortiert hat, bekommt er beim lokalen Aufkäufer nicht automatisch einen entsprechend hohen Preis. Ihm fehlt ganz einfach der Marktzugang (ein an dieser Qualität interessierter Käufer). Massenkaffee von riesigen Aufkäufern kann daher nicht transparent sein, da der Kaffeefarmer dort nicht erkennbar ist.

 
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Der Kaffeepreis an der Rohstoffbörse seit 2017 für verschiedene Sorten

Wenn man bedenkt, dass die Selbstkosten der Bauern durchschnittlich bei 170 US-Cent liegen, macht diese Grafik ziemlich deutlich, dass Nahrungsmittel nicht spekulativ an einer Börse gehandelt werden sollten. Selbst die Fairtrade-Prämie kommt meist an die Selbstkosten nicht ran. Und selbst wenn, was ist mit Investitionen und Rücklagen? Dadurch sehen sich immer mehr Bauern gezwungen, den Kaffeeanbau zu stoppen. Entweder wandern die Menschen aus, in die Stadt oder in vermeintlich reichere Länder oder sie bleiben vor Ort und bauen andere Feldfrüchte an, die kürzere Reifungszeiten als Kaffee haben und stabilere Verkaufspreise erzielen. Auch dadurch verringert sich zunehmend die Kaffeeanbaufläche in der Zukunft. Der Klimawandel tut sein übriges. Studien haben ergeben, dass sich bei der derzeitigen Entwicklung die Kaffeeanbaufläche bis 2050 halbieren wird. Bei zukünftig stark ansteigendem Konsum durch aufstrebende Nationen in Südostasien wird der Kaffeepreis jedoch langfristig steigen.